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Dokumentation des ehemaligen Berliner Mauerstreifens zu Fuß-
Artikel vom 09. August 2001 in der Märkischen Oderzeitung:
Text & Fotos: Marco Bertram
"Gedenkmarsch auf dem ehemaligen Todesstreifen. 166 Kilometer in 5 Tagen. Es
gibt kein Vergessen."
Mit dem Entrollen eines Transparents mit dieser Aufschrift endete der
Gedenkmarsch auf dem einstigen Mauerstreifen am Abend des 27. Juli vor dem
Brandenburger Tor.
Gemeinsam mit Karsten Höft, 26jähriger Publizistikstudent aus
Recklinghausen, machte ich mich 5 Tage zuvor auf den Weg. Mit Rucksack, Zelt und
Fotoausrüstung. Mit dem Ziel, den ehmaligen 166 Kilometer langen Grenzstreifen in 5
Tagen abzulaufen.
Auf der einen Seiten zum Gedenken an die über 150 Menschen, die beim
Fluchtversuch an der Berliner Mauer ihr Leben ließen, auf der anderen Seite nutzten
wir diesen Marsch, um die ehemalige Grenze zwischen Ost und West zu
dokumentieren.
Pariser Platz. Brandenburger Tor.
Am Morgen des 23. Juli starteten wir
unseren Marsch, der im Uhrzeigersinn um den Westteil Berlins verlief. Ruhig war es
zu dieser Stunde. Kaum ein Tourist verirrte sich so früh auf den Straßen der
Innenstadt.
Die ersten Kilometer waren schnell
zurückgelegt. Potsdamer Platz und
Niederkirchnerstraße waren die ersten Stationen. Gegenüber vom Abgeordnetenhaus von
Berlin verläuft das längste erhaltene Stück Berliner Mauer (neben der East
Side Gallery). Wie bei einem halb verwesten Kadaver zeigten sich die Knochen in
Form des Metallgeflechts. Ein provisorischer Absperrzaun schützt dieses
Mauerstück vor weiteren Angriffen sammelwütiger Touristen.
Die Spuren des Grenzstreifens sind in Berlin noch vielerorts zu sehen. Hat
man ersteinmal sein Auge sensibilisiert, entdeckt man auf Anhieb die
Brachflächen, Baulücken und verkrauteten Grünflächen, auf denen bis vor 12 Jahren Mauer,
Wachtürme und Grenzanlagen standen.
Wer bei einer Wanderung entlang dem Mauerstreifen auf spektakuläre
Überraschungen hofft, wird jedoch enttäuscht. Reste des "Antifaschistischen
Schutzwalls" sind kaum zu sehen. Lohnend ist ein "Grenzspaziergang" trotzdem. Aus der
Geschichte bekannte Straßen, Gedenksteine für die Mauertoten und verwucherte
Freiflächen lassen die Gedanken an die Zeit der Teilung zurückkehren.
Weiter ging es vorbei am Springer-Hochhaus und am Künstlerhaus Bethanien in
Richtung Spree und East Side Gallery. Auf der Oberbaumbrücke wechselten wir
wieder die Seite und wanderten in Kreuzberg zum in Treptow befindlichen
Grenzwachturm, der eine Ausstellung der "Verbotenen Kunst" beherbergt, und zur
Lohrmühlenstraße, wo sich Künstler bereits vor Jahren niederließen und eine
alternative Dorfgemeinschaft gründeten.
Ein Stück weiter am Ufer des Landwehrkanals gedeihen junge Kirschbäume, die
japanische Bürger "aus Freude über die Vereinigung des deutschen Volkes" den
Bewohnern von Treptow schenkten.
Auf dem Lohrmühlenplatz trifft man wieder auf den doppelt gelegten Streifen
aus Kopfsteinen, in dem an wichtigen Stellen ein Metallschild mit der
Inschrift "Berliner Mauer 1961 bis 1989" eingelassen wurde. Dieser gepflasterte
Streifen markiert den Verlauf der Mauer und verliert sich erst am Teltowkanal.
Häufig biegt der Streifen auf dem
Bürgersteig ab, verschwindet hinter einer
Hauswand und kehrt wenige Meter später auf der Straße zurück.
Dass um die Mauergrundstücke noch immer gefochten wird, war an einer
handgeschriebenen Aufschrift unter einer Bauankündigung zu bemerken: "Mauerunrecht
darf nicht zu Recht werden!"
Auf brandenburgischem Gebiet änderte sich das Bild komplett. Der
Grenzstreifen ist dort zu gut 90 Prozent erhalten. Auf einem asphaltierten Weg kann man
zu Fuß oder mit Rad dem Verlauf der Grenze zwischen Westberlin und dem
damaligen Bezirk Potsdam bequem folgen.
Die Vegetation hebt sich sehr von der Umgebung ab. Zur einen Seite die
Siedlungen Berlins mit ihren in Grenznähe errichteten Hochhäusern. Zur anderen
Seite die Wiesen und Felder Brandenburgs, und dazwischen
der seit 11 Jahren
unberührte Streifen mit seinen heranwachsenden Robinien und Kiefern. Dazu ab und
an halb demontierte Lichtmasten, die verwaist und nackt ihr Dasein fristen.
Nach einem Nachtlager bei Großziethen
ging es weiter nach Griebnitzsee. Das
Bild des sich schier endlos
hinziehenden Asphaltweges, der Robinien,
halbhohen Kiefern und weiten Felder änderte sich hinter Klein-Machnow und Zehlendorf,
wo die Grenze entlang des Königwegs quer durch den Wald verlief. Beim
genauen Hinsehen entdeckte man zwischen den Gräsern alte Betonpfeiler, welche die
Grenze markierten.
Ein einziges Mal lichtete sich der Wald. Eine Brücke führte über die
Autobahn, und der Blick war freigegeben auf den einstigen Kontrollpunkt Dreilinden.
Höhepunkt des dritten Tages war die Glienicker Brücke, die zu Zeiten des
Kalten Krieges nur von Diplomaten und Alliierten genutzt werden durfte.
Eine Fähre setzte uns über die Havel,
und einige Stunden darauf folgte
Staaken. Dort wurde der Grenzverlauf nach der Wende fast völlig verwischt.
Am Abend erreichten wir den wohl entlegendsten Ort Westberlins. Der "Eiskeller" im
Norwesten. Einsame Gehöfte, Wälder, Wiesen, Sumpfgebiete und Wildschweine, die
uns mitten in der Nacht rigoros vertrieben.
Von Zeit zu Zeit traf man im Wald auf einen Polizeimelder aus den 60er
Jahren. Ein Zwischenfall an diesen entlegenen Gegenden Westberlins sollte
schnellstmöglich gemeldet werden können.
Wer in Henningsdorf an der Havel unterwegs ist, bekommt einen weiß
angestrichenen Wachturm zu sehen, in dem sich eine sehenswerte Ausstellung befindet.
Original getreue Einrichtung,
Informationstafeln und Utensilien aus alten
Zeiten: "Wachsam und kampfentschlossen" - Hefte für die "politische Schulung der
Grenzsoldaten". Ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter.
Über Heiligensee und Frohnau ging es weiter nach Lübars im Norden Berlins.
Wie eine Nadelspitze stieß die Straße "Sandkrug" ins Siedlungsgebiet Frohnau.
Ein einziger 700 Meter langer Straßenzug DDR-Territorium hinein ins
Westberliner Gebiet. Der Verlauf der Berliner Mauer war häufig kurios.
Am letzten Tag marschierten wir über Schönholz, Bornholmer und Bernauer
Straße nach Mitte. Das Brandenburger Tor näherte sich. 166 Kilometer lagen
hinter uns, unsere Wanderung neigte sich dem Ende zu.
Auf dem Invalidenfriedhof wurde uns noch einmal bewusst, welch hässliches
Antlitz die Berliner Mauer hatte. Quer über den Friedhof verlief der Eiserne
Vorhang. Ein Stück bröcklige Betonwand und ein Wachturm inmitten eines
modernen Wohnblocks zeugen noch davon.
Genau hier wurde der erste Flüchtling nach
dem Bau der Berliner Mauer am 24. 08. 1961 erschossen. Genau hier kam der erste
Grenzsoldat ums Leben. Eine Kugel aus der Pistole eines Westberliner
Polizisten traf ihn am 24. 05. 1962.
Der heutige Besucher des Friedhofs stellt sich die Frage, weshalb nur?
Bilder vom Berliner Mauerstreifen:
Radtouren auf dem Mauerstreifen - 2005/06
aktuelle Bilder vom Berliner Mauerstreifen
Infos zur Wanderausstellung "Bereits Gras über der deutsch-deutschen Grenze?"
Informationen zum Diavortrag zur deutsch-deutschen Grenze
Fotos & Bericht zur Doku der deutsch-deutschen Grenze
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Infos zu Marco Bertram:
Freier Autor und Fotojournalist.
Zahlreiche Reisen nach Russland, Brasilien, Kanada, Ägypten und quer durch Europa.
Verfasser einer Vielzahl an Berichten, Reisereportagen und Kurzgeschichten.
Autor zahlreicher Bücher.
Segelprojekt Berlin-Sydney 2000
Im April 2005 wurde eine Wanderausstellung zur deutsch-deutschen Grenze realisiert. Vorabpräsentation beim Europäischen
Parlament in Brüssel.
Diavorträge zur Transsib & zur deutsch-deutschen Grenze
Infos & Projekte
Weitere Infos zu Marco Bertram
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1378 Kilometer zu Fuß entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze im Sommer 2003.
An Hand von rund 4000 Dias wurden die Grenzmuseen, der Kolonnenweg und die Landschaften am
einstigen Eisernen Vorhang dokumentiert.
Auf dieser Website gibt es auch Informationen zur Tour und eine Bildergalerie!
Im Fotoarchiv von www.ddr-fotos.de werden online hunderte s/w-Aufnahmen aus der DDR gezeigt.
Das Archiv umfasst insgesamt rund 50.000 Fotos und erstreckt sich im Zeitraum von 1949 bis 1973.
Zum DDR-Fotoarchiv
Hansa-Rostock-Buch Kaperfahrten:
Im Dezember 2020 kam das 512-seitige Buch "Kaperfahrten - Mit der Kogge durch stürmische See" auf den Markt.
In dem blau-weiß-roten Wälzer von Marco Bertram geht es um die Historie des F.C. Hansa Rostock von 1988 bis 2020. Von der DDR-Oberliga über die 1. Bundesliga bis zur jüngeren Vergangenheit in der 3. Liga. Mitgewirkt haben an diesem beeindruckenden Werk rund 20 Hansa-Fans.
Infos zum Buch Kaperfahrten auf www.marco-bertram.de
Infos zu Kaperfahrten auf turus.net
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